Wie und wo ein unbekannter Dichter seine Anerkennung fand
Hier geht es um einen unbekannten Dichter und um entspanntes Lesen im Lehnstuhl. Am Meer oder am Haff. Vielleicht mit Blick auf Schwarzort auf der Kurischen Nehrung. So hieß der Ort zu Deutschzeiten, als man das ganze Drumherum noch Ostpreußen nannte.
Ein gutes Buch in der Hand. Die Aussicht genießen. Kurzgeschichten lesen.
Mein Tipp: „Zeitbrücke – Geschichten zwischen Damals und Heute“. Passend zur Örtlichkeit und Ihrer Urlaubsstimmung lesen Sie vielleicht zuerst meine Erzählung „Der Manndichter“, der ein unbekannter Dichter war und dem niemand zuhören wollte. Sie hätten keine Zeit für so einen Quatsch, meinten die Leute. Er soll zum Meer gehen und seine Gedichte in den Wind sprechen. Der Wind würde sie dann zu den Menschen tragen.
Ein Dichter auf der Suche
Darauf erwiderte der Manndichter, dass er schon sehr lange nach dem Wind gehe, aber dass ihn das nicht zum Meer geführt habe.
Da sagten die Leute: »Wenn das so ist, dann musst du immer geradeaus gehen und wenn du an einen großen Strom kommst, gehst du über die Brücke mit den drei Bögen, dann links und dann bist du gleich da. Du musst immer nur dem Strom folgen. Aber du musst darauf achten, dass du nicht stromaufwärts gehst, denn dort ist das Meer nicht. Zum Meer musst du stromabwärts gehen, dann findest du es. Du erkennst das Meer daran, dass deine Augen sein Ende nicht finden können.« Dann sagten sie noch: »Das Meer ist dort, wo der Wind wohnt und das Wasser mit dem Sand spielt.«
Der unbekannte Dichter schreibt ein Gedicht, größer als das Meer
Also ist er aus dem Inneren des Landes in Richtung Meer gewandert. Ein Kurenkahn hat ihn zur Nehrung übergesetzt. Dort, beim Anblick des Meeres, hat er weinen müssen, so glücklich ist er gewesen. Vom Tal des Todes ist er ganz schnell zum Strand gelaufen und hin und her gehüpft, wie ein Kind. Später hat er seine Gedichte in den Wind geschrien. Und richtig, man glaubt es kaum, der Wind hat sie dann zu den Menschen gebracht.
Ein goßes Gedicht hat er am Strand der Ostsee gedichtet. Ein Gedicht, das größer als das Meer war. Als die Leute das hörten, riefen sie:
»Hört nur! Was für ein großes Gedicht. Ein Gedicht, größer als das Meer. Wer mag nur der Dichter sein? Gewiss hat er noch andere Gedichte gedichtet. Er soll zu uns sprechen. Wir wollen ihm zuhören.«
Mehr will ich hier nicht verraten, denn sonst brauchen Sie meine Geschichte ja nicht selbst in die Hand zu nehmen. Wäre doch schade, denke ich. Ihnen würde gewiss etwas entgehen.
Jede Geschichte ist einzigartig und berührend, und wird Sie gewiss in ihren Bann ziehen.
Das Land meiner Träume
Kommen Sie, machen wir gemeinsam eine Zeitreise. Fahren wir in das Land meiner Träume. Dort hin, wo der Manndichter ein Gedicht schrieb „das größer als das Meer war“. Dort hin, wo mein Ostpreußen Omchen von Tilsit aus mit dem Raddampfer Grenzland auf die Kurische Nehrung „rüber machte“, mit der gesamten Familie. Blaubeeren und Walderdbeeren sammeln.
Unterwegs erzählte sie uns von der Riesin Neringa, die auf der Kurischen Nehrung wohnt. Sie sagte: »Wenn Neringa angelaufen kommt, dann fürchtet euch nicht. Neringa will nur spielen und Spaß haben. Ihr werdet sehen, die ist ganz nett«. Dann sagte sie noch: »Wenn Neringa lacht, dann zittern die Dünen und die Ostseewellen schäumen und überschlagen sich«.
Lachen und Juchen auf der Nehrung
Mang den Erwachsenen, wir Kinder. Blau- oder rotverschmierte Münder. Lachen und Juchen. Versteckchen spielen zwischen den Büschen und in den Dünen. Mal an den Strand laufen. Muscheln sammeln. Bernstein suchen. Sandburgen bauen. Weitpinkeln am Strand. Ins Meer gehen. Nur die Füße. Weiter in die Ostsee, nur in Begleitung der Erwachsenen.
Der Ohm hatte auf der Fahrt von Elchen erzählt, die ins Meer gingen, um von dort in die Ewigkeit zu lauschen. Wir haben den Strand abgesucht, so weit wir durften. Leider stand keine Elche im Wasser, und die Ewigkeit haben wir auch nicht gehört.
Auf der Rückfahrt von der Kurischen Nehrung war die ganze Familie so müde, dass am nächsten Tag keiner wusste, wie er ins Bett gekommen war.
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