Letzte Aktualisierung am 14. Juni 2024 by Hans Blazejewski
Gehen Sie mit mir über eine Zeitbrücke – lesen Sie über das Vorspiel zu meiner Entstehung
Wenn meine Frau ruft. „Wo bist du“, ich aber verstehe: Wer bist du, kann meine Antwort sein: Weiß ich noch nicht. Dann hängt der Familiensegen an einer dünnen Schnur, denn ich beschreite gedanklich meine Zeitbrücke und schreibe eine Geschichte, angesiedelt zwischen „Damals und Heute“ und wie das Vorspiel, das zu meiner Existenz führte, abgelaufen sein könnte. Ziemlich schwierig. Ich war zugegen, aber eigentlich auch nicht richtig, bei meinem vorgeburtlichen Vorspiel.
Fantasieren wir mal das Vorspiel, sagte der Autor:
Lassen wir meinen späteren Vater, Johann, Sohn vom Johann B. und seiner Rosalia R. meinem ermländischen Omchen, die Bühne betreten. Johann hatte wohl mit meiner späteren Mutter ein Techtelmechtel. Daraus hervorgegangen bin ich. Ich denke mir, ich könnte in einem Torbogen am riechenden Fischmarkt in Königsberg gezeugt worden sein. Oder am Oberteich. Im Dunkeln, hinter Büschen mit Husch Husch, weil kurz vor Zapfenstreich, bei dem Johann in der Kaserne zu sein hatte.
Besser noch auf der Dominsel, begleitet von lautstarkem Beifall der Domglocken. Nebenan, Kant fühlt sich in seiner Stoa Kantiana gestört, nimmt es aber philosophisch und grummelt nur:
Diese Handlung ist zur Fortpflanzung der Menschengattung erforderlich.
Guido Stemme: Seine Zeitbrücke zum Kant
Kurzer Einschub wegen Kant und so: Guido Stemme sei ein Mensch, schreibt er mir. Das könne ich ruhig glauben. Weil das mit dem Gauben eine reine Glaubenssache ist, habe ich eine KI befragt. Diese hat mir ein zeitlich unbefristetes Echtheitszertifikat über seine Menschlichkeit ausgestellt.
Dieser zertifizierte Mensch Stemme hat eine Schrift geschrieben. Titel:
„Von Königsberg nach El Biar – 206 Jahre- 3380 km“ erschienen 2021, aber Buchstaben schimmeln ja bekanntlich nicht, auch werden die nicht älter. Höchstens das Papier hinter der Schrift. Wenn Sie Guido Stemme und seinen Kant noch nicht kennen, dann aber … bevor Sie keine Zeit mehr haben. Ziemlich schlaue Schrift, leider nicht von mir (:
🙂
Stell dir vor, du bist Soldat. Schütze Arsch mit dem Status Gefreiter. Ganz unten auf der Wehrmachtsleiter. Also Kasernklos mit Zahnbürste schrubben, statt Sekt im Offizierskasino. Du gehst also mit deiner Bekanntschaft. Machst bella figura in der schmucken Uniform. Die Ausgehhose hattest du zwei Tage vorher zwischen zwei Bretter unter deine Kasernenmatratze gelegt. Bügeleisenersatz.
Dann schaut ihr euch in die Augen. Wau!
Jetzt gibt es ein kleines Drama zu „meinem“ Vorspiel
Es kommt einer hinzu, von dem ich glaube, er hätte einen der vielen anderen Wege der Königsberger Altstadt nehmen sollen. Auch ein Soldat in Uniform. Paar Pfund Lametta an seiner Brust. Goldglänzende Schulterklappen. Rote Langstreifen an den Hosenbeinen.
Wir wissen, der einfache Untersoldat hat immer und jederzeit jeden Obersoldaten zu grüßen. Mit strammer Haltung. Steife, abgewinkelte Hand an der Mütze oder wenn keine, dann eben direkt am Kopf. Der mit dem Lametta schnauzt jetzt was von „können wohl nicht grüßen, zeigen sie mal ihr Soldbuch“ und anderen Schwachsinn.
Es hatte geregnet. Große und kleine Pfützen. Gehören zum Alltag der Königsberger Bevölkerung wie der Handtuchhalter zum Handtuch. Jetzt schreit der Obersoldat: „30 Armstützen!“, und du machst das. Schmeißt dich direkt in die Pfütze. Du bist nur froh, dass keine Hundekacke darin schwimmt. Du denkst vielleicht: Du Arschloch, sagst es aber nicht laut, für dich hätte es Kriegsgericht und vielleicht auch Strafbataillon gegeben. War doch paar Minuten vor Krieg. Das riecht doch nach Wehrkraftzersetzung, wenn der Unter dem Ober keinen Respekt bezeugt. Umgekehrt, das ja.
Irgendwann war die Luft für die Kontrahenten raus oder die Pfützen abgelaufen. Jedenfalls war dem Gefreiten und seiner späteren Braut die Lust vergangen. Wurde aber nur aufgeschoben. Was mich betrifft, so hat mir das Vorspiel und der bald darauf erfolgte Zeugungsakt meiner späteren Eltern ein lebenslänglich eingebracht.
Die Zeitbrücke, eine Brücke, die man nicht betreten kann
Ach, ich träume mal wieder von meiner Zeitbrücke, die nie betretbare, auf der man nicht hinüber machen kann. Zum Beispiel zu meinem Omchen.
Mein Omchen? Ich träume oft von ihr und immer nur von schönen Ereignissen, wie Toppche auslecken, nachdem sie mich, augenzwinkernd, Toppche-Kicker gescholten hat. Von ihren kleinen Verzählchens, die sie mir in ihrem ostpreußischen Sing-Sang an meinem Bett erzählte, träume ich und würde die gern noch einmal von ihr hören. Bist all totgestorben, Omchen. Viel, viel zu früh.
Ich fragte sie einmal danach, wo die Kinder herkommen
Ach ja! Ach ja!
De Oadeboar, de Oadeboar,
de brengt de Kinger, es doch kloar
de Mutta beeßt er enne Beene,
schon es es da, das Kleene
Gesprochen wurde darüber nie, wenigstens nicht in meiner Gegenwart. Wenn ich fragte, Omchen, sag mal, wo kommen die Kinder her, dann hat sie mir ihre katholische Auffassung versucht glaubhaft zu machen, in Anlehnung an Marias sagenhafter Jungfrauengeburt. Von einem Vorspiel hatte sie nie etwas erwähnt. Ich vermute, sie wusste auch gar nicht, was damit gemeint war.
Wenn Vorspiel, dann höchstens in Verbindung mit Vorsingen im Kirchenchor oder Fenster putzen, wenn der Bischof kam, Besuch machen. Wir lachen heute über solch Tüddelkram, aber meinem Omchen war es ernst damit.
Demnächst hier das gleiche Thema, betrachtet aus einer weiblichen Perspektive. Titel:
Lisa-Mimmi und der Spermatozoen Wettkampf
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Wenn Sie mehr über mich, Hans Blazejewski, den Autor, lesen möchten, dann schauen Sie doch in mein neues Buch. Spannende Geschichten zwischen Damals und Heute.
Ich kenne es. Sehr zu empfehlen, z. B. zum Verschenken.
Zeitbrücke – Geschichten zwischen Damals und Heute
ISBN: 9783758373909
Paperback – 230 Seiten
Verlag: Books on Demand
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