In Nowe Marcinkowo: Jungstörche – die neuen Oberschüler

Letzte Aktualisierung am 24. Juni 2024 by Hans Blazejewski

Jungstörche auf einem Dach in Nowe Marcinkowo, Poland
Foto © 2009 Hans Blazejewski, Lehrte

Jungstörche – die neuen „Oberschüler“

Hier sehen Sie Jungstörche, angeblich die Kinderbringer, vor ihrer Abreise auf dem Dachfirst der ehemaligen Schule in Neu Mertinsdorf, heute Nowe Marcinkowo. Alte Leutchen nannten zu der Zeit, in der mein Heimatroman „Ermland-Blues“ angesiedelt ist, die Störche: „Kinderbringer“.

Nur noch wenige Tage werden Sie hier herumlungern, vor ihrem Abflug in wärmere Gegenden, etwa nach Afrika. Ich hatte sofort diese gedankliche Verbindung: Schule – oben auf dem Dach die Störche. Also sind das literarische gesprochen Oberschüler. Vielleicht sind das keine Schüler aus Neu Mertinsdorf, sondern Besucher, die nur mal eben eine Rast einlegen. Ich könnte jetzt noch längere Zeit über „meine Oberschüler“ schreiben, denke aber, vielleicht schreiben Sie mir Ihre Fantasien dazu. Kommentieren sie. Ich werde es lesen. Versprochen.

Ermland-Blues: Eine Leseprobe

Jungstörche vor ihrer Abreise, eine Leseprobe aus „Ermland-Blues“

Jedes Jahr im August war die Schule Versammlungsort der Jungstörche aus Neu Mertinsdorf und der näheren Umgebung. Da standen sie, zehn bis zwanzig, ein- oder zweibeinig, auf dem First. Oberschüler gewissermaßen, die dort letzte Vorbereitungen für ihre Abreise ins Winterquartier trafen.

Gewundert werden sie sich haben, die Störche, wenn der Lehrer, der nie in Afrika gewesen, den Kindern den angeblich schwarzen Erdteil erklärte. Der hatte ja nicht einmal einen Missionar zum Bruder, der angeblich ganz selbstlos den armen Negern Glasperlen und ihren Weibern Büstenhalter hätte schenken können.

Gewiß werden die Störche auch zu Zeiten des letzten reichsdeutschen Dorfschullehrers, bevor auch dieses Dorf im Januar 1945 durch die neuen Herren „wiedergewonnen“ wurde, durch die Fenster gelunst haben.

Dieser Schulmeister! Hat er sich bei seinem Dienstantritt 1923 bitterlich darüber beklagt, daß er den Kinderchen erst mal anständiges Deutsch beibringen mußte. Die sprachen ja bloß polnisch oder so einen komischen Dialekt. Wir sind sicher, daß er übertrieben hatte, zumal schon 1873 der Königsberger Oberpräsident eine Verordnung bekanntgemacht hatte, nach der an allen Elementarschulen der Unterricht nur noch in der deutschen Sprache zu erteilen sei.
Übertrieben ist allerdings nicht, daß die Frau des Lehrers eine Evangelische war. Auf die hatten die gut kathol’schen ein besonderes Augenmerk.
Als der Lehrer 1925 einen anschaulichen Religionsunterricht abhielt, wie man sich noch heute erinnert, schlugen die Wellen hoch. Hatte er doch mit den Kindern ziemlich lebensnah die Beichte durchgespielt. Kam gar nicht gut an bei den Eltern. Waren welche dabei, die dem Lehrer unterstellten, er habe die Kinder gezwungen, ihm zu beichten.

Es gab einen Kleinstaufstand, der zur Folge hatte, daß die Schulaufsichtsbehörde dem Lehrer untersagte, weiterhin Religionsunterricht zu erteilen.
Ob das so war, und wie das so war, mit dem Lehrer, dem Relgionsunterricht und der gespielten Beichte, das läßt sich heute nicht mehr feststellen.

Aber wir haben ja noch zu erzählen, was die Jungstörche vor ihrer Abreise eines Morgens an die Tafel geschrieben fanden. Hat das gerstanden:
(…)

Mehr über meinen Ermland-Blues finden Sie u.a. hier:
Also Neu Mertinsdorf
Neu Mertinsdorf – meine Ahnenlandschaft

Das Buch: Ermland-Blues können Sie direkt beim Sichtweise-Verlag bestellen
TB 215 Seiten  – Preis von 11.90 €
ISBN 978-3-938830-14-7

Ermland-Blues Titelbild

[1] Nachdem Polen nach 1945 das Ermland in seinen Staat integriert hatte, sprach man dort im Zusammenhang mit dem Ermland von „wiedergewonnenen Gebieten“.
[2] geschaut

Zitiert aus: Ermland-Blues – von Hurenkindern, einem katholischen Priester, einer Kräuterhexe und einer erträumten Heimat. Hier zu haben

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


8 + sechs =

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.